Vom Automaten zur künstlichen Intelligenz

17. Dezember 2024

In diesem Text werde ich die Fragestellungen, die E.T.A. Hoffmanns Erzählung ‘Der Sandmann’ sowohl zur Zeit des 19. Jahrhunderts als auch in der heutigen Zeit aufwirft, näher untersuchen. Zudem werde ich den Zusammenhang zwischen der Darstellung von Automaten in der Erzählung und der heutigen Diskussion um künstliche Intelligenz (KI) beleuchten.

Der Sandmann: so aktuell wie nie

Im Deutschunterricht haben wir die Erzählung von E.T.A. Hoffmann ‘Der Sandmann’ ausführlich behandelt. Hierbei sind wir auf verschiedenste spezifische Themen zu sprechen gekommen. Wir haben nicht nur vorkommende Figuren oder den Sprachstil genauer besprochen, sondern auch Fragen diskutiert, die die Erzählung sowohl zur heutigen Zeit als auch zur Erscheinungszeit adressiert.  

Insbesondere haben wir die Frage besprochen, was den Text ‘Der Sandmann’ heute so aktuell macht. Für mich handelt es sich um zwei zentrale Fragestellungen: 1. Wie kann die Grenze zwischen Mensch und Maschine, Realität und Illusion verschwimmen? 2. Inwiefern kann eine künstliche Intelligenz lebensfähige Dinge übernehmen?

Hintergrund dieser zwei zentralen Fragestellungen sind vor allem die Urangst des Menschen. Bei dieser geht es darum, dass man nicht mehr unterscheiden kann, ob man einem Menschen oder einer Maschine gegenübersteht. Und genau auf diese Angst wird in der Erzählung verwiesen bzw. diese wird aufgegriffen. Somit hat E.T.A. Hoffmann schon im frühen 19. Jahrhundert Themen und Fragen behandelt, die im 21. Jahrhundert zentrale Aspekte unseres Lebens sind und damit einen grossen Einfluss auf unsere heutige Gesellschaft haben.

In der Erzählung ist Olimpia eine zentrale Figur. Hierbei verliebt sich Nathanael, die Hauptfigur der Erzählung, in Olimpia. Nathanael nimmt Olimpia zu Beginn als sehr aussergewöhnlich wahr, ist aber gleichzeitig so fasziniert von ihr, dass er nicht bemerkt, dass sie in Wirklichkeit eine Puppe ist.

Auch in der Klassendiskussion wurde hervorgehoben, wie eigenartig Olimpia erscheint. Nathanael ist jedoch so stark von ihr angezogen, dass er ihre Ungewöhnlichkeit ignoriert. Obwohl Olimpia wenig spricht, Nathanael stets zuhört und keine alltäglichen Handlungen wie Stricken ausführt, während er ihr Gedichte vorträgt, interpretiert Nathanael diese Eigenschaften als Zeichen von Introvertiertheit und Respekt. Für ihn wird sie dadurch zu einem perfekten Wesen.

Die Faszination, die Nathanael für Olimpia empfindet, lässt ihn über ihre mechanischen Bewegungen, die puppenhafte Erscheinung und ihre leeren, starren Augen hinwegsehen. Er erkennt zwar, dass etwas mit Olimpia nicht stimmt, jedoch will Nathanael es nicht wahrhaben, dass Olimpia ein Automat[1] ist. Automaten waren seit dem 18. Jahrhundert ein technisches Meisterwerk. Hierbei handelte es sich um mechanische Puppen oder solche, die Musik spielen konnten. Diese Puppen, oder genauer bezeichnet als Automaten, begeisterten die Menschheit. Jedoch riefen die Automaten auch Ängste im Menschen hervor. Und zwar die Angst, dass die Technik sich so weit weiterentwickelt, dass man Menschen nicht mehr von Maschinen unterscheiden kann. Und genau diese Urangst stellt E.T.A. Hoffmann in seiner Erzählung ‘Der Sandmann’ dar.

KI: Chance oder Bedrohung?

In der Zeit, in der E.T.A. Hoffmann ‘Der Sandmann’ geschrieben hat, waren Automaten noch in der Anfangsphase. Zu dieser Zeit war es wie ein Wunder, wenn ein Automat ein Lied singen, ein Bild zeichnen oder eine Bewegung machen konnte. Heutzutage - im 21. Jahrhundert - sind Roboter und die künstliche Intelligenz schon fest in unserem heutigen Alltag integriert. Wir können Gedichte, Texte und Lieder von einer künstlichen Intelligenz schreiben lassen. Die künstliche Intelligenz kann einen neuen Businessplan entwerfen, Dinge auswerten und Jobs übernehmen. Jedoch beschäftigen uns heutzutage ähnliche oder immer noch die gleichen Fragen, die sich auch die frühere Gesellschaft und E.T.A. Hoffmann gestellt haben:

Kann eine Maschine menschliche Züge einnehmen? Kann eine Maschine Empathie oder Kreativität entwickeln? Welche Gefahren bringt die künstliche Intelligenz mit sich und könnte die künstliche Intelligenz Macht über die ganze Welt übernehmen? Die Forschung schreitet im Themengebiet künstliche Intelligenz unglaublich schnell voran und macht von Monat zu Monat gewaltige Fortschritte.

Ich persönlich nutze und schätze die künstliche Intelligenz, da sie mir in vielen Dingen schnell und einfach Hilfe bietet. Nur habe ich das Gefühl, dass Forscher/innen und Entwickler/innen die künstliche Intelligenz immer besser und besser machen wollen. Dabei werden meiner Meinung nach die Risiken, die die KI mit sich bringt, verharmlost.

Denn was passiert, wenn die künstliche Intelligenz plötzlich selbst eigene Ziele verfolgt und uns somit jedes Entscheidungsrecht abnimmt? Unbestritten ist, dass die künstliche Intelligenz enorme Chancen bringt, aber die hohen Risiken dürfen nicht ausser Acht gelassen werden. Die heutigen Fragen rund um den Einsatz der künstlichen Intelligenz sind im Grundsatz die gleichen, die sich schon die Gesellschaft im 19. Jahrhundert gestellt hat. Es zeigt uns, dass die Herausforderung, die künstliche Intelligenz richtig einzusetzen, noch nicht beantwortet ist. Bis jetzt ist die Grenze der Menschlichkeit und der Maschine noch nicht miteinander verschwommen. Aber spätestens dann wird dies der Fall sein, wenn Maschinen menschliche Züge, wie Emotionen und Meinungen annehmen und wir Maschinen als richtige Menschen und Freunde wahrnehmen.

Wir selbst sollten alle mitentscheiden, wie wir diese neue Technologie gestalten und einsetzen wollen. Der künstlichen Intelligenz sollten daher Grenzen gesetzt und unsere Gesellschaft somit geschützt werden.

Quellen:

E.T.A. Hoffmann (2003): Der Sandmann. Text und Kommentar. Kommentiert von Peter Braun. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
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[1] Automat – Klexikon – das Kinderlexikon